Auf die Natur hören

Gut für die Seele – Immersive Klanglandschaft & Vision im ersten „Fitnesscenter für die Seele“

Wenn wir an Fitness denken, sehen wir Hanteln, Laufbänder, Schweiß. Bei Anima Mentis in Wien geht es um etwas anderes: um die Seele.

Statt Gewichten gibt es Licht, statt Geräten Naturbilder – und statt lauter Popmusik: feine, hochauflösende Naturklänge und Atmo, also atmosphärische Naturgeräusche, die den Kopf freimachen sollen.

Für dieses Projekt durfte ich einen ganz speziellen Part übernehmen: Ich war dafür verantwortlich, die Natursounds aufzunehmen, die später als immersive Klanglandschaften im Center eingesetzt werden – Grillen in der Sommernacht, leise Bäche, Wind in den Bäumen, Vögel im ersten Morgenlicht.

Die große technische Architektur aus 360°-Projektion, Immersive Audio in 5.1.4 und aufwendiger Post-Produktion entstand im Team – aber die Basis ist immer dieselbe: ein echter, glaubwürdiger Klang.

Warum – Klang als Werkzeug für mentale Regeneration

Der Alltag in der Stadt ist laut. Verkehr, Menschen, Smartphones, Benachrichtigungen – unser Gehirn steht permanent unter Beschuss. Genau hier setzt Anima Mentis an: Es ist das erste „Fitnesscenter für die Seele“, in dem Menschen aktiv an ihrer mentalen Gesundheit arbeiten können.

Die Idee dahinter: Wenn wir unseren Geist mit denselben Werkzeugen unterstützen, mit denen wir ihn sonst überfordern – Ton, Bild, Reiz – aber in hoher Qualität, bewusst gestaltet und dosiert, dann können diese Reize plötzlich entlasten statt stressen.

Das Ziel der Klangaufnahmen und des Projekts ist es, eine möglichst authentische und entspannende immersive Klanglandschaft zu schaffen, die den Hörer mental regeneriert und in eine natürliche Umgebung versetzt.

Naturklänge spielen dabei eine Schlüsselrolle. Sie sind für viele Menschen intuitiv mit Ruhe, Sicherheit und Erholung verbunden.

Das Rascheln von Blättern, ein sanfter Bach, das Zirpen von Grillen bei Sonnenuntergang – das sind Klangbilder, die im Gehirn sofort ganze Szenen aufmachen: Sommer, Freiheit, Draußensein.

Warum aber aufwendig Natur aufnehmen, wenn es doch Libraries gibt? Weil das Konzept von Anima Mentis auf Qualität und Glaubwürdigkeit beruht. Kein MP3 aus dem Archiv, kein generisches Meeresrauschen, das schon hundertfach in Meditationsapps lief. Die Gäste sollten das Gefühl haben, wirklich an einem bestimmten Ort zu sein – nicht „irgendwo im Wald“, sondern in einem ganz konkreten, atmosphärisch stimmigen Setting.

Dafür braucht es ehrliche, detailreiche Aufnahmen – und die entstehen nur draußen, mit viel Geduld und Hin- und Herlaufen.

Wie – Mit Mikrofon und Geduld auf der Suche nach Stille

Auf dem Papier klingt „Natur aufnehmen“ erstmal romantisch: Man fährt raus, stellt ein Mikro hin, wartet ein bisschen – fertig. Die Realität: Selbst in den vermeintlich entlegensten Gegenden ist es heute schwer, wirklich saubere Töne zu bekommen.

In der Praxis der Feldaufnahmen zeigt sich, dass authentische immersive Klanglandschaften nur durch gezielte Vorbereitung und Erfahrung im Feld entstehen.

Ich habe an unterschiedlichen Orten aufgenommen – Wälder, Bäche, Wiesen, abgelegene Wege. Und überall dasselbe Muster: Kaum ist es schön ruhig, kommen irgendwo Flugzeuge, Motorräder, Spaziergänger, Hunde, Traktoren. Die Natur selbst war selten das Problem – es war der Mensch.

Der eigentliche Job: Geräusche finden, nicht nur aufnehmen

Das „Wie“ bestand deshalb vor allem aus drei Dingen:

  1. Geduld Viele Sequenzen brauchten Zeit. Statt „kurz mal aufnehmen“ waren es oft 20, 30 Minuten an ein und derselben Stelle, bis endlich ein paar Minuten wirklich brauchbares Material entstanden: ohne Motorgeräusch in der Ferne, ohne plötzliches Rufen, ohne Türenknallen vom Parkplatz. Wenn während der Aufnahme Störungen auftraten, bestand die Antwort darin, entweder das Equipment anzupassen oder die Position zu wechseln, um optimale Ergebnisse zu erzielen.

  2. Zusätzliche Wege gehen Oft reichte es nicht, einfach vom Weg ein paar Meter runterzugehen. Ich bin kleine Pfade weiter entlang, noch ein Stück den Hang hoch, am Bach weiter stromaufwärts, bis ich wirklich „aus dem Alltag raus“ war. Jeder zusätzliche Meter Distanz zur Zivilisation hat man später im Klang gehört. Bei der Auswahl der Spots habe ich stets beide Seiten der Aufnahmetechnik und der Umgebung berücksichtigt, um verschiedene Perspektiven und technische Möglichkeiten optimal zu nutzen.

  3. Bewusstes Hinhören vor dem Aufnehmen Bevor das Mikrofon überhaupt eingeschaltet wurde, wurde erstmal nur zugehört: Was ist hier dominant? Wind? Wasser? Insekten? Vögel? Ist das ein Klangbild, das später beruhigend wirkt – oder eher nervös? So wurde entschieden, welche Spots tatsächlich als „Szene“ einzufangen sind und welche trotz schöner Umgebung zu verwerfen sind. Dabei habe ich gezielt unterschiedliche Bereiche der Klanglandschaft erkundet, um die Vielfalt und Tiefe der akustischen Umgebung einzufangen.

Technisch war das Setup bewusst hochwertig, aber im Artikel soll es nicht zu nerdig werden: Entscheidend ist, dass die Natur in hoher Auflösung (24 Bit, 96 kHz) aufgenommen wurde, damit die Post-Produktion später genug „Luft“ hat, um die Klänge in 5.1.4 Immersive Audio zu übersetzen.

Aus meinen Stereo- bzw. Mehrkanalaufnahmen wurden dann im Studio räumliche Klangfelder gebaut, die sich im 360° Natur-Raum und im Bewegungsraum von Anima Mentis wie eine „Klangkuppel“ um die Besucher:innen legen.

Medien und Technologie – Die unsichtbaren Helfer hinter dem immersiven Erlebnis

Hinter jedem immersiven Erlebnis, das uns in eine andere Welt entführt, stehen Medien und Technologie als stille, aber unverzichtbare Helfer.

Erst durch das perfekte Zusammenspiel von Musik, Bildern, Naturgeräuschen und Videos entstehen Klanglandschaften, die nicht nur gehört, sondern mit allen Sinnen erlebt werden. In Projekten wie dem „Fitnesscenter für die Seele“ ist es diese Verbindung aus künstlerischer Vision und technischer Präzision, die den Unterschied macht.

Was – Von Grillenzirpen zu immersiven Klangräumen

Am Ende zählten für das Projekt nicht einzelne Geräusche, sondern komplette Klangwelten. Besonders wichtig waren dabei die unterschiedlichen Texturen der aufgenommenen Klänge, die durch ihre Vielfalt und Tiefe maßgeblich zur immersiven Erfahrung beitrugen.

Vom Rohklang zum immersiven Erlebnis

Nach den Aufnahmen ging das Material in die Post-Produktion. Dort wurden:

  • Störgeräusche herausgefiltert oder sauber weggeschnitten

  • einzelne Geräuscheschichten miteinander kombiniert

  • Szenen so arrangiert, dass sie dramaturgisch passen: Aufbau, Ruhe, kleine Veränderungen

In diesem Prozess spielen sowohl der Produzent als auch der Komponist eine zentrale Rolle: Der Produzent steuert und gestaltet die einzelnen Klangschichten, während der Komponist für die kreative Umsetzung und das Arrangieren der immersiven Klanglandschaft verantwortlich ist.

Der vielleicht spannendste Schritt passierte, als aus den „flachen“ Aufnahmen immersive Klangfelder wurden. In den Räumen von Anima Mentis – besonders im 360° Natur-Raum – liegen die Lautsprecher nicht einfach vor den Besucher:innen, sondern rundherum und teilweise über ihnen.

Die Naturklänge wurden so verteilt, dass man nicht das Gefühl hat, vor einer „Soundwand“ zu sitzen, sondern mitten in einer Landschaft:

  • Vögel leicht über Kopfhöhe

  • Wasser seitlich oder leicht vor einem

  • Wind eher breit um den ganzen Raum

Auch wenn ich selbst „nur“ den Aufnahme-Part übernommen habe, war es genau dieser Schritt – vom echten Ort zur künstlich geschaffenen, aber authentisch wirkenden Klangwelt –, der das Projekt so besonders machte.

Fazit – Kleine Geräusche, große Wirkung

Was mir an Anima Mentis gefällt: Hier geht es nicht um Technik um der Technik willen. Ja, da stehen beeindruckende Projektoren, Medienserver, immersive Sound-Systeme – aber am Ende zählt, wie sich ein Mensch in diesem Raum fühlt.

Meine Rolle war vergleichsweise leise – im wahrsten Sinn des Wortes. Ich habe Natur gesucht, Stille gejagt, Flugzeugen „ausgewichen“ und viele Kilometer extra gemacht, um ein paar Minuten wirklich sauberer, klarer und zugleich lebendiger Natursounds einzufangen.

Diese Klänge sind heute Teil eines Ortes, an dem Menschen ihre mentale Kraft stärken, runterkommen, auftanken.

Die immersive Klanglandschaft eröffnet dabei auch Raum für Introspektion – eine meditative und reflektierende Phase, in der persönliche Reflexion und Selbstbeobachtung gefördert werden, um eine tiefere Verbindung zu sich selbst und den eigenen emotionalen Zuständen herzustellen.

Und genau das ist für mich der schönste Aspekt dieses Projekts:

Mit etwas Geduld, einem Mikrofon und bewussten Ohren kann man Bausteine sammeln, aus denen andere – mit VR, Licht und Post-Produktion – Räume bauen, die gut tun. Gut für die Seele, im wahrsten Sinne des Wortes.

Kontaktiere mich für ähnliche Prokjekte
Diese Webseite verwendet Cookies. Wenn Sie diese Webseite weiterhin besuchen, stimmen Sie der Nutzung von Cookies zu. Mehr dazu finden Sie in meiner Datenschutzerklärung.
Notwendige Cookies
Tracking
Alles akzeptieren
oder Auswahl speichern